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Im Frühjahr 2011 hat die Stadt Aarau mit dem Verkauf der IBA Beteiligung einen Erlös von Fr. 8.7 Mio. erzielt. Nach Aussage des Stadtammanns in der Einwohnerratssitzung vom 19. September 2011 verblieben nach den teuren Kosten für diese Privatplatzierung ein Nettoerlös von Fr. 7.4 Mio.

Wie wird gegenwärtig in der städtischen Jahresrechnung dieser Nettogewinn gezeigt?

Die öffentliche Hand unterscheidet bei der Bilanzierung zwischen Verwaltungs- und Finanzvermögen. Grundsätzlich dienen die Aktiven des Verwaltungsvermögen der öffentlichen Aufgabenerfüllung, während das Finanzvermögen auch reine Finanzbeteiligungen oder frei handelbare Vermögenswerte enthält. Weil die IBA Beteiligung im Jahre der Verselbständigung vor gut 10 Jahren ins Verwaltungsvermögen gebucht wurde, muss die Stadt aufgrund der heutigen Rechnungslegung (HRM1 = harmonisiertes Rechnungslegungsmodell 1) den Nettogewinn von Fr. 7.4 Mio. nicht über die Laufende Rechnung (Erfolgsrechnung) ausweisen. Das ist laut Kanton legitim und richtig, da diese aktuellen aber m. E. leicht veralteten Buchhaltungsstandards (HRM1) vom Kanton noch so akzeptiert und gewünscht werden.

Ist es aber in Zeiten, wo insbesondere im öffentlichen Rechnungswesen – analog der Privatwirtschaft – viel Transparenz gewünscht  wird und dem Steuerzahler jährlich die Zahlen ausführlich rapportiert werden müssen angebracht, dass die Stadt Aarau diese Erträge nicht in der Erfolgsrechnung zeigt, sondern nur relativ unscheinbar im Anhang ausweist? Dadurch werden die aktuell im öffentlichen Rechnungswesen bekannten Jahresfinanzkennzahlen der Stadt durch diesen einmaligen positiven Einfluss nicht verbessert!

M. E. hätte man im Frühling 2011, als man sich dafür entschied, die Beteiligung an Private zu Verkaufen zumindest den Teil, den man wirklich verkaufte auch ins Finanzvermögen umbuchen müssen. Dann hätte man auch den in seiner Grösse doch wesentlichen Gewinn von Fr. 7.4 Mio. in die Laufende Rechnung (Erfolgsrechnung) als Ertrag einbuchen müssen. Ohne diese Verbuchung zeigt Aarau diese erzielten Erträge von Fr. 7.4 Mio. nicht in der Laufenden Rechnung (Erfolgsrechnung), sondern nur in der für Laien schlecht verständlichen Investitionsrechnung.

Beim Nettogewinn handelt es sich immerhin um ca. 13 Gemeindesteuerprozente! Gleichzeitig will die Stadt, aufgrund der in den letzten Jahren grösser gewordenen Aufwände, die Steuern um 4% erhöhen. Unter Mitberücksichtigung des vorerwähnten Aspekts soll und darf die Stadt doch nicht die Steuern anheben. Vielmehr wäre wünschenswert, dass der Stadtrat Aarau über solche Transaktionen transparenter informiert. Die Fr. 7.4 Mio. Ertrag werden mit der angewandten Buchungsmethode (HRM1) direkt als Reduktion der Schulden verwendet, ohne dass der ausserordentliche Ertrag (die effektiven stillen Reserven) in ihrer vollen Höhe in der Jahresrechnung gezeigt werden.

Aus all diesen Gründen bitte ich Sie, in der Diskussion um einen höheren Steuerfuss für Aarau solche wichtigen und ihrer Höhe durchaus wesentlichen Aspekte mit zu berücksichtigen. Aufgrund der geschilderten Tatsachen ist die beabsichtigte Steuerfusserhöhung zur Zeit alles andere als angebracht. Stimmen Sie deshalb bei der Abstimmung zu einem Voranschlag mit einem um 4% erhöhten Gemeindesteuerfuss mit gutem Gewissen nein.

Martin Häfliger, Aarau

Geschäftsführer der Advicum GmbH, Aarau; welcher im Finanz- und Treuhandbereich tätige ist und welcher u. a. auch öffentlich-rechtliche Unternehmungen im Bereiche von New Public Management unterstützt.